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*Überlegungen zur Kardashev-Skala – plus Referenzen/Links
Kything 002
Dyson-Sphäre. Bildnachweis: Kevin Gill.
Die Kardashev-Skala ist ein Mittel, um das Niveau des technologischen Fortschritts einer Zivilisation abzuschätzen, wobei der Schwerpunkt auf der Nutzung und dem Verbrauch von Energie liegt. Der sowjetische Astrophysiker Nikolai Kardashev entwickelte die Skala 1962, um die Energiemenge abzuschätzen, die für die Übertragung von Informationen durch den interstellaren Raum erforderlich ist. Und ob wir solche Übertragungen aufspüren könnten. Dementsprechend trägt seine erste Arbeit zu diesem Thema den Titel: "Übermittlung von Informationen durch außerirdische Zivilisationen ".
Die Studie postuliert drei Arten von Zivilisationen oder Stufen:
I. Eine Zivilisation, die in der Lage ist, Energie in einem planetarischen Ausmaß zu nutzen.
II. Eine Zivilisation, die in der Lage ist, sich die Energie ihres Sterns direkt zunutze zu machen.
Zum Beispiel durch eine hypothetische Megastruktur, die ihre Sonne umgibt, bekannt als
Dyson-Sphäre.
III. Eine Zivilisation, die sich die Energie ihrer Galaxie zunutze macht.
Kardashev aktualisierte seine Schätzungen in späteren Veröffentlichungen immer wieder. (Eine Liste der Referenzen befindet sich weiter unten.)
Der Astronom Carl Sagan verfeinerte 1973 die Kardashev-Skala, um eine schrittweise Unterscheidung im Dezimalbereich zu ermöglichen: 1.1, 1.2, 1.3 usw., jeweils mit eigenen Werten für die Energieausbeute: 10 Watt, 10 Watt, usw. Sagan fügte auch eine alphabetische Bewertung für die soziale Entwicklung hinzu. Er stufte die Erde mit 0,7 ein, ergo noch weit entfernt von 1,0, ergo Typ I.
Der Physiker und Futurologe Michio Kaku erläuterte, was es bedeutet, Typ 1 zu erreichen: Eine Zivilisation, die in der Lage ist, das Wetter—einschließlich Hurrikans—sowie Vulkane, Erdbeben usw. zu kontrollieren und die Ozeane zu besiedeln. Diese Stufe der planetarischen Kontrolle könnte nicht nur durch die Nutzung der Ressourcen der Erde erreicht werden, sondern auch durch das gesamte Sonnenlicht, das unseren Planeten erreicht, sowie durch kosmische Strahlung.
In der Tat, einige haben sogar behauptet, dass Zivilisationen vom Typ I die Macht haben, ganze Planeten umzustrukturieren (David Lamb und John D. Barrow).
Projektionen - Erreichen von Typ I:
Die meisten zeitgenössischen Studien stimmen mit Sagans Schätzung von 0,7 überein und sehen uns derzeit zwischen 0,72 und 0,73—fast drei Viertel des Weges zur nächsten Stufe.
Nach Kakus optimistischer Einschätzung könnten wir den Typ-I Status in hundert Jahren erreichen, vorausgesetzt, wir steigern unseren Energieverbrauch weiterhin mit einer durchschnittlichen Rate von 3 Prozent pro Jahr. Typ II könnte in ein paar tausend Jahren erreicht werden. Kaku siedelt das Star Trek Kontinuum am Anfang von Typ II an. Während galaxisumspannende Zivilisationen wie die Borg oder Star Wars dem Typ III zuzuordnen sind.
In einer aktuellen Studie wurden zwei Machine-Learning Modelle—Random Forest (RF) und Autoregressive Integrated Moving Average (ARIMA)—eingesetzt, um den Energieverbrauch auf globaler Ebene zu simulieren und vorherzusagen. Die Schätzung geht davon aus, dass bis 2060 der Wert 0,7474 erreicht wird ("2060: Civilization, Energy, and Progression of Mankind on the Kardashev Scale", siehe unten).
Ein anderer Versuch, der sich auf Kakus Werte stützte und eine lineare Regression verwendet, kam zu dem Schluss, dass die menschliche Zivilisation Mitte des 24. Jahrhunderts, genauer gesagt im Jahr 2347, Typ I erreichen würde.
Ich nehme mir die Freiheit, die Berechnungen der Autoren hier wiederzugeben:
Eine dritte, recht aufwändige Studie, die den Übergang von fossilen Brennstoffen zu nuklearen und erneuerbaren Energien berücksichtigt, geht davon aus, dass eine Zivilisation vom Typ I nach ihren besten Schätzungen bis zum Jahr 2371 oder "innerhalb der üblichen Kalenderjahrspanne von 2333 bis 2404" erreicht werden könnte ("Avoiding the Great Filter: Predicting the Timeline for Humanity to Reach Kardashev Type I Civilization", siehe Referenz unten).
Nebenbei bemerkt: Die Ereignisse, die im Band 2 (Seelen Ingenieur) und teilweise im Band 3 (Bruderschaft der Schatten) der OC dramatisiert werden, finden im Jahr 2349 statt. Die Zeitlinie wurde unabhängig von den Schätzungen der Kardashev-Skala entwickelt. Andere Faktoren wurden ebenfalls berücksichtigt, wie die Auswirkungen des Klimawandels (in der OC als Sturmzeitalter bekannt); die Verbindung von Klonen und genetischer Kodierung zur Anpassung menschlicher Organismen an ihre Umwelt (statt umgekehrt); fortschrittliche Hard-Simulations-Technologien, die in der Lage sind, alle nicht erneuerbaren oder schädlichen Produkte und Industriezweige zu ersetzen; ein globalisiertes Quanten-informationssystem, das von satellitengestützten Bio-Computing-Hubs betrieben wird—mit Zeitkristallspeicher und OI-Integration (organoide Intelligenz), genannt ORB—und ähnliche Entwicklungen. (Ich plane eine separate Zusammenfassung zu schreiben über den technologischen und soziologischen Aufbau der Zivilisation in Band 2, auch bekannt als CoMonia.)
Erreichen von Typ II und III
Was das Erreichen der Zivilisationen vom Typ II und III betrifft, so variieren die verfügbaren Vorhersagen in Bezug auf den Zeitrahmen. Wenn ich Kardashevs ursprüngliche Vorhersagen richtig verstehe, sollten wir Typ II in weniger Zeit erreichen, als wir von Homers Troja bis heute gebraucht haben. Und Typ III in etwa der Hälfte der Zeit, die wir brauchten, um von Göbekli Tepe in die Gegenwart zu gelangen. Ich zitiere:
Wenn wir davon ausgehen, dass x [der jährliche Anstieg des Energieverbrauchs] = 1% ist, wird der Energieverbrauch pro Sekunde in 3200 Jahren der Leistung der Sonne pro Sekunde entsprechen, d.h. 4x1033 erg/sec, und dass in 5800 Jahren die verbrauchte Energie der Leistung 101 Sternen wie der Sonne entspricht [ 111 = 100 Milliarden Sonnen—die geschätzte Zahl der Sterne in unserer Galaxie zu dieser Zeit]. Die ermittelten Zahlen scheinen im Vergleich zum heutigen Entwicklungsstand unverhältnismäßig hoch zu sein, aber wir sehen keinen Grund, weshalb das Tempo der Zunahme des Energieverbrauchs dann wesentlich geringer ausfallen sollte als vorhergesagt. Darüber hinaus könnte die Verfügbarkeit einer großen Menge an Informationen aus anderen und höher entwickelten Zivilisationen zu einem schwindelerregenden Anstieg des Energieverbrauchs beitragen.
Kardashev, ”Transmission of Information by Extraterrestrial Civilizations,” S. 218.
Andere postulieren eine längere Zeitspanne. So schätzt Michio Kaku beispielsweise, dass es zwischen 100.000 und 1 Million Jahre für das Erreichen von Typ II dauert, (was im Widerspruch zu seiner Einstufung von Star Trek auf dieser Ebene steht), und Millionen von Jahren, für das Erreichen eines galaxisumspannenden Typ III (was ebenfalls im Widerspruch zu Kakus Einstufung der Borg als Typ III steht). Nach den Star Trek-Überlieferungen
existieren die Borg bestenfalls seit Hunderttausenden von Jahren, nicht seit Millionen—auch wenn die Barkeeperin der Enterprise, Guinan, deren Volk den Borg begegnet ist, sich in diesem Punkt vague ausdrückt. Doch laut Gedrin von den Vaadwaur [Voyager Episode "Drachenzähne"] waren die Borg zu seiner Zeit—892 Jahre zuvor—nur kleiner Faktor im Delta-Quadranten und hatten nur eine Handvoll Kolonien assimiliert. Dies würde darauf hindeuten, dass die Borg in weniger als tausend Jahren Typ III erreicht haben).
Universelle und Omega-Zivilisationen:
Theoretiker haben der Kardashev-Skala zwei weitere Stufen hinzugefügt:
IV. Eine Zivilisation, die sich die im universellen Maßstab erzeugte Energie zunutze macht.
V. Eine Zivilisation, die sich die Energie des Multiversums zunutze macht. Und die möglicherweise in der Lage ist, Universen zu erschaffen, auch bekannt als Typ Omega.
Es steht den Lesern der OC frei, darüber zu spekulieren, ob die Ouranians bzw. die Erstweltler der Ouranian Chronicles zu einer Zivilisation der Stufe III, IV oder sogar V gehören. Oder zu etwas ganz anderem. (Mehr will ich nicht verraten; die Antwort steht im Band 4, Der Palast des Bedauerns.)
Apropos Star Trek: Die mit dem "Q-Kontinuum" verbundenen Entitäten würden vermutlich eine Zivilisation vom Typ V oder Omega darstellen.
Aber auch wir können träumen, oder etwa nicht?
Fazit:
Ob wir nun von ein bis drei Jahrhunderten für das Erreichen der nächsten Stufe ausgehen oder von ein paar Tausend Jahren für Stufe II—d.h. die vollständige Kontrolle über die Sonne und unser Sonnensystem—oder sogar von hunderttausend Jahren: Ehrlich gesagt spielt es keinerlei Rolle, was Vorhersagen angeht. Vor allem, wenn wir uns nur auf die Nutzung von Energie konzentrieren. Es ist wichtig zu wissen, dass unser Wandel von Jägern und Sammlern zu Bauern und Siedlern viel länger gedauert hat, als wir für die vollständige Meisterung unserer Welt brauchen. Und wenn ich "Meisterung" sage, meine ich nicht die Unterwerfung und Ausbeutung unseres Planeten, sondern die Meisterung unserer selbst, unserer antisozialen, prä-Göbekli-Tepe-artigen Impulse. Als wir uns noch gegenseitig die Köpfe eingeschlagen, ohne einen anderen Grund als den, unsere Bäuche für einen weiteren Tag zu füllen. Haben wir diesen Tagen, diesen tödlichen Neigungen wirklich abgeschworen? Das ist die Frage. Wie der Biologe E.O. Wilson schon sagte:
"Das wahre Problem der Menschheit ist folgendes: Wir haben altsteinzeitliche Gefühle, mittelalterliche Institutionen und gottgleiche Technologie."
Doch wenn alles gut geht, werden wir es schaffen. Wir werden es auf die andere Seite der Kluft schaffen, die uns vom Typ I trennt. Wir haben schon so viel erreicht. Der Weg war lang und beschwerlich, und es liegt noch so wenig vor uns. Vielleicht weniger als die Jahre, die uns von Mozart, oder Thomas Jefferson, Goethe und Voltaire trennen. Und wenn Michio Kaku recht hat, vielleicht weniger als das, was uns vom Ersten Weltkrieg trennt.
Schließlich sollten wir uns vor Augen halten, dass wir als Spezies das Äquivalent zur "Göttlichkeit" viel früher erreichen werden als der individuelle Mensch. Diese Erkenntnis sollte uns wachrütteln.Sie sollte uns in der Tat aufrütteln, damit wir uns bemühen, als Spezies zusammenzuarbeiten. Und das nicht nur im großen Stil, sondern auch als Individuen im täglichen Leben.
Das wunderbare Geheimnis, wer wir sind und was wir im Begriff sind zu werden, begann an jenem schicksalhaften Tag, als wir uns weigerten, unserem Nachbarn den Kopf einzuschlagen, und stattdessen die Hand ausstreckten. Die Zivilisation wurde erst möglich, als wir begannen, uns um Fremde zu kümmern—um Menschen, die wir nicht kannten, in denen wir aber etwas von uns selbst erkannten.
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Ressources und Referenzes zur Kardashev-Skala:
Nikolai Kardashev:
“Transmission of Information by Extraterrestrial Civilizations,” 1964.
https://adsabs.harvard.edu/full/1964SvA.....8..217K
“Strategies of Searching for Extraterrestrial Intelligence: A Fundamental Approach to the Basic Problem,” 1980.
http://www.bigear.org/CSMO/HTML/CS07/cs07p36.htm
“On the Inevitability and the Possible Structure of Supercivilizations,” 1985.
“Cosmology and Civilizations,” 1997.
Carl Sagan:
“On the Detectivity of Advanced Galactic Civilizations,” 1973.
https://ui.adsabs.harvard.edu/abs/1973Icar...19..350S/abstract
The Cosmic Connection: An Extraterrestrial Perspective, 2nd Edition, 1973.
https://www.amazon.com/Cosmic-Connection-Extraterrestrial-Perspective/dp/0521783038
Michio Kaku:
Physics of the Future. New York: Doubleday, 2011.
https://www.amazon.com/Physics-Future-Science-Shape-Destiny/dp/0307473333
“The Kardashev Scale With Michio Kaku: Can We Become a Type 1 Civilization?”
https://www.youtube.com/watch?v=PxwPfPWrOCA
M. A. Garrett: “Application of the mid-IR radio correlation to the Ĝ sample and the search for advanced extraterrestrial civilisations,” 2015.
https://www.aanda.org/articles/aa/abs/2015/09/aa26687-15/aa26687-15.html
A. Namboodiripad; C. N. Nimal: “Predicting the Timeline for Earth Achieving Kardashev Scale Type 1 Status,” 2021. Journal of Science and Technology 6, 2456-5660.
Jonathan H. Jiang, Fuyang Feng, Philip E. Rosen, Kristen A. Fahy, Prithwis Das, Piotr Obacz, Antong Zhang and Zong-Hong Zhu: “Avoiding the Great Filter: Predicting the Timeline for Humanity to Reach Kardashev Type I Civilization,” 2022.
Antong Zhang, Jiani Yang, Yangcheng Luo, Siteng Fan: “2060: Civilization, Energy, and Progression of Mankind on the Kardashev Scale,” 2022.
Zu Typ IV und V, und Omega:
Michio Kaku schlägt ein Typ IV vor, dass extragalaktische Strahlung nutzt, sowie "Dunkle Energie." Physics of the Future, 2011.
https://bigthink.com/videos/the-birth-pangs-of-a-planetary-civilization/
Zoltan Galantai, "Long Futures and Type IV Civilizations,” 2003.
http://mono.eik.bme.hu/~galantai/longfuture/long_futures_article1.pdf
Zoltan Galantai, “After Kardashev: Farewell To Super Civilizations,” 2006.
https://www.academia.edu/1018345/After_Kardashev_Farewell_To_Super_Civilizations
John D. Barrow, Impossibility: The limits of science and the science of limits. Oxford University Press, 1998.
Jolene Creighton, “The Kardashev Scale - Type I, II, III, IV & V Civilization,” 2019.
https://futurism.com/the-kardashev-scale-type-i-ii-iii-iv-v-civilization
J. N. Nielsen, “What Kardashev Really Said,” 2023.
https://www.centauri-dreams.org/2014/03/21/what-kardashev-really-said/
J. N. Nielsen, “SETI: Musings on the Barrow Scale,” 2023.
https://www.centauri-dreams.org/2023/12/12/seti-musings-on-the-barrow-scale/
Allgemeine Lektüre, Links und Websites:
E.O. Wilson, Zitat über "das wahre Problem der Menschheit":
Debate at the Harvard Museum of Natural History; Cambridge, MA, USA, 2009.
https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/23311908.2021.1880304
Jason T. Wright, “Strategies and Advice for the Search for Extraterrestrial Intelligence,” 2021.
David Lamb, The Search for Extraterrestrial Intelligence: A Philosophical Inquiry, Routledge, 2001.
James Felton, “On The Kardashev Scale Of Civilizations Humanity Hasn't Even Reached Type I.”
Christopher Lovell, “Classifying Civilisations: An Introduction to the Kardashev Scale,” 2016.
https://astrobites.org/2016/03/15/classifying-civilisations-an-introduction-to-the-kardashev-scale/
Kardashev scale
https://en.wikipedia.org/wiki/Kardashev_scale#Criticisms_of_the_classification